Sonntag, 9. Juli 2017

TFF Rudolstadt – Sonntag

Der Sonntag beginnt für uns musikalisch mit Supernova, einem schwedischem Duo, das auf der Hardangerfiedel und der Gitarre spielt. Beim Stimmen der Geige konnte man sich an  Pippi Langstrumpfs Melodie erinnert fühlen. Die beiden spielen schwedische Volkslieder, teils bereits vor 200 Jahren aufgeschrieben (und zuvor sicher dem Hören nach überliefert). Leise, einfache und klare Musik aus der nordischen Weite. Zu einigen Stücken wurde auf der Bühne getanzt. Anton Schneider und Johanna Fritjofson tanzten Tänze wie die Polska nicht etwa wild und fröhlich, sondern eher auf eine langsame, ruhige Art. Eine Stimmung wie am Ende des Herbstes, bevor der Winter anbricht.


In der Kirche sang der georgische Männerchor Riho. Die Musiker aus Swanetien brachten mehrstimmigen A-capella-Gesang mit, alte urtümliche Gesänge eines alten Bergvolkes. Die Sänger berichten von der Abgschiedenheit Swanetiens, wodurch sich die alten Lieder als mündlich überlieferte Geschichte erhalten haben. Auch alte Kirchenlieder sind darunter, orthodoxe Kirchenmusik, bei der es nicht wundern würde, käme sie noch aus der Zeit, als sich das Christentum im Kaukasus verbreitete. Einige Lieder werden bei einfachen Kreistänzen gesungen, andere mit einem altertümlichen viersaitigen Streichinstrument und einer einfach gebauten Harfe.
Ausgerechnet bei einem Lied über die Jagd stellt sich ein Kameramann des BR in den Kreis der Sänger, um diese um sich herumdrehend zu filmen. Diese umkreisen ihn wie ein gefangenes Tier. Chorleiter Islam Pilpani sagt danach: "das gehört zu den Berufsrisiken eines Kameramannes".


Wieder zurück in der Innenstadt sehen wir die Band Seau Volant auf der Bühne der Freiligrath-Straße. Die sieben Musiker aus Dresden spielen von französischer Musette, spanischen und italienischen Melodien, Tango, Klezmer und Musik der 50/60er Jahre beeinflußte Tanzmusik. Und kurz darauf finden sich auch die ersten Tänzer ein. Groovige Bässe aus dem Sousaphon mischen sich mit Akkordeon und Violine.


Ceilidh Minoug aus Schottland spielen auf der Marktbühne schottische Melodien auf eine französisch inspirierte Weise, man mag sich die "fabelhafte Welt der Amelie" irgendwo in Schottland vorstellen. Sehr frische und fröhliche Klänge. Später kommen vier Tänzer auf die Bühne, die schottische Tänze vorführen und sich später vor der Bühne unter das Publikum mischen, es zum Tanz auffordern und dabei anleiten.


Gleich danach: Szellö, die Musik und Tänze der ungarischen Minderheit in Rumänien auf die Marktbühne bringen. Sie betonen in ihrer Anmoderation, daß ihre Tänze keiner exakt einstudierten Choreographie folgen, sondern so getanzt werden, wie es sonst bei Feiern im Dorf üblich ist. Tänze, die von den älteren an die jüngeren weitergegeben werden. Und so sieht es auf der Bühne auch aus wie man sich eine ungarische Dorfhochzeit vor vielen Jahren vorstellen könnte. Begleitet werden die Tänzer von einer Reihe von Musikern, die zum Teil sehr altertümliche Instrumente mitbringen, ein dem Cello ähnliches Instrument etwa, das aber wie aus einem Stück aus einem Baumstamm geschlagen aussieht, mit faustgroßen hölzernen Wirbeln, und das nicht gestrichen, sondern mit einem Stock geschlagen wird, wilde und fröhliche Klänge erzeugend.



Einer der letzten Höhepunkte und passend zum Schwerpunkt Schottland war das Robert-Burns-Projekt, das man auch als Text-Pendant zum sonst üblichen Instrumenten-Schwerpunkt verstehen könnte. Burns-Experte Dr. Fred Freeman hatte dazu am Festival beteiligte Musiker aus zehn Ländern eingeladen, Musik zu den Texten des schottischen Nationaldichters zu spielen und zu singen.
Wahrscheinlich ist hierzulande nur wenigen bekannt, daß Lieder wie das "Old lang syne"  oder auch das deutsche "Trotz alledem" im Original von Burns stammen ("a man for a that"). Die Musik war bewußt international gehalten und es war bewegend, das "Trotz alledem" nacheinander in vielen Sprachen gesungen zu hören. Freemann erläuterte einiges aus dem Leben von Burns und bezeichnete ihn als Internationalisten. "Ich bin ein schottischer Nationalist – und als solcher muss ich auch ein Internationalist sein", sagte er. Burns war aber auch Unterstützter von displaced persons. Zu Burns Lebzeiten gehörten eben auch die schottischen Highlander dazu.
Später war Burns Musik auch als Reggae zu hören ("das erste mal einen Dudelsack in der jamaikanischen Musik", sagte Sängerin Brina aus Jamaica), danach auf der Sitar.

Fred Freeman (2. von rechts) leitet das Burns-Projekt

Auf der Marktbühne begann am Abend die Abschlußrevue, bei der nochmal einige der Bands und Solisten auftraten. Dabei unter anderem die Bears of Legend, die Rockballaden in akustischem Gewand und schnellem Tempo brachten, eine Art kanadisches Speed-Country. Das Trio Da Kali brachte afrikanische Weltmusik mit Balafon und Gesang.


Das letzte Konzert, das wir vor der Abreise sahen war das von Ani DiFranco auf der Großen Bühne im Park. Die amerikanische Sängerin vereinigt mit ihrer Band Singer/Songwriter-Tradition mit Blues und Rock.


Damit war dann aber auch die musikalische Aufnahmefähigkeit erschöpft. Die darauffolgende auf der Konzertbühne spielende Band Niteworks hatten wir nur noch ganz kurz gehört, die lauten Elektrobeats waren dann aber doch nicht so unser Ding.


Zurück zum Wohnmobil, alles verstauen, zur Erfrischung nochmal kurz in die Saale und dann ab nach Hause. Auf Wiedersehen im nächsten Jahr!

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